Der Name Schillig leitet sich vom Begriff Schill (engl. Shell) für Muscheln ab. Historisch lag im Watt vor Schillig eine große Schillbank (Muschelbank).

Während heute die Badegäste „chillen“ (um einen „neudeutschen“ Begriff zu gebrauchen, „entspannen“), gehörte um 1800 das „Schillen“ zu den harten Tätigkeiten der Bevölkerung. Gemeint ist das Gewinnen von Schill, also Muschelschalen bzw. deren Bruchstücke, als Rohstoff zur Kalkherstellung. Für das „Schillen“ der Muschelbank musste ein verhasstes Schillgeld entrichtet werden.

Als heutiges „Chillgeld“ kann die Kurtaxe (auch Gästebeitrag) angesehen werden. Diese „Erholungsabgabe“ dient der Finanzierung von touristischen Einrichtungen / Infrastruktur.

Doch so „chillig“ wie heute war es in Schillig nicht immer. Vielmehr war Schillig aufgrund seiner Lage ein militärisch wichtiger Standort. Schon um 1780 spielte Schillig eine wichtige Rolle bei der „drohenden Seeräubergefahr“. Deshalb stand in Friederikensiel und Schillig jeweils ein Kavallerist als Melder von Schiffen bereit. Um die Wachen für diesen Befehl zu gewinnen, wurde ihnen auf besonderen fürstlichen Befehl eine Extraration Bier zugeteilt.

Auch im deutsch-französischen Krieg 1870-71 erhielt Schillig eine kleine militärische Besatzung, indem zwei Soldaten als Wachposten dort stationiert wurden. Dieser Wachdienst war äußerst eintönig und fast ohne Abwechslung. Bei der Beendigung des Krieges und der letzten Wachablösung gab folgendes Gedicht die Freude der Soldaten kund:

„O Schillig, Schillig an der Jade, Wo man nichts hat, als Not und Plage, Hier zu sitzen an dem Strand, wo man sitzt, fast wie verbrannt. Hier gibt’s kein Bier, hier gibt’s kein Wein. Hier gibt’s kein Mägdelein, Drum fort in das gelobte Land, Adieu, mein Schillig, bleib mir verwandt!"

Zu Beginn des Ersten Weltkrieges wurde Schillig zur Festung ausgebaut. Auch wurde die Schilligbahn vom Bahnhof Hohenkrichen üner Wiarden – Kaisershof – Wiarder Altendeich – Horumersiel – Schillig gebaut. Die Artilleriestellungen der drei Forts sollten die Einfahrt in die Jade schützen. Nach dem Ersten Weltkrieg mussten die Geschütze entfernt und die Anlage demilitarisiert werden. Im Jahr 1924 richtete die Reichsmarine in Schillig eine Flakartillerieschule ein. Ab 1935 wurden die Anlagen wieder im Rahmen der deutschen Wiederaufrüstung wiederhergestellt.

So war Schillig Standort von drei schweren Batterien, die die Marine zur Verteidigung des Kriegshafens Wilhelmshaven aufstellte:

Foto Deich- und Wattbatterie
Deich- und Wattbatterie.

Aufgrund des militärisch wichtigen Standortes unterlag Schillig vielen Baubeschränkungen. So konnte sich das Dorfzentrum nicht so wie beispielsweise in Horumersiel entwickeln.

Foto Horumersiel um 1960
Schillig um 1960.

Schillig und Wangerooge wollen sich gegenseitig beschießen

Im Januar 1919 bekam die Inselkommandantur ein Telegramm aus Wilhelmshaven, nach welchem 3.000 Gewehre, Munition, Bekleidung und Proviant von Wangerooge nach Wilhelmshaven verladen werden sollte. Die Wangerooger Offiziere besprachen sich und ließen verstehen, dass derjenige, der die Waffen haben will, sich diese auch holen müsse (wohl gewaltsam). Nach einer Drohung, mit der Schilliger Deichbatterie nach Wangerooge zu schießen, wurde beschlossen, die Wangerooger Batterien gegen aufkommende Schiffe und Landungsversuche einzusetzen. Zudem sollte im Ernstfall als Erwiderung die schwere Friedrich-August-Batterie Schillig unter Feuer nehmen. Die entsprechenden Meßwerte wurden errechnet und auf roten Schießtafeln an den Geschützen angebracht. Jedoch kam alles anders …

Wiederholung der Geschichte

Als der 1. Weltkrieg 1918 fast zu Ende war (Ende 11.11.1918 um 11 Uhr), wurde die sogenannte Spanische Grippe (auch „Flandern-Fieber"), im April 1918 mit amerikanischen Truppentransporten nach Europa eingeschleppt. Diese verheerende Seuche erreichte im Oktober 1918 auch Wangerooge. Die Grippe begann immer mit plötzlich hohem Fieber und führte mit einer Lungenentzündung zum Tode.

Weltweit starben über 50 Millionen Menschen, dass heißt, mehr als doppelt so viele, wie im Krieg 1914 bis 1918 zu Tode kamen. In Deutschland forderte sie etwa 275.000 Tote. Die Kriegspropaganda beflügelte sogar das Gerücht, dass deutsche Agenten den Krankheitserreger in feindlichen Ländern freigesetzt hätte.

Angesicht der Hyperinflation beträgt der Fahrpreis von Carolinensiel nach Wangerooge im August 1923 rund 2.000.000 Mark (umgerechnet rd. 1.022.583 EUR). Eine Tasse Kaffee kostete im Oktober 1923 auf Wangerooge ebenfalls 2.000.000 Mark.

 

Historische Steuern

Hundesteuer und Strandleichen

1844: In Schortens fließt die Hundesteuer in die Straßenbeleuchtung, in Hohenkirchen dient sie der Besandung und Besteinung der Fußpfade, auf Wangerooge wurde eine Kasse gebildet, um daraus die an den Strand treibenden Leichen zu beerdigen.
Hintergrund: In der damaligen Zeit kam es noch zu zahlreichen Schiffsunglücken.

        

 

Mit erlegten Seehunden Steuerschulden begleichen

Mit Entstehung der Seebäder wurde die Seehundsjagd ein Urlaubsvergnügen der Kurgäste und brachte den Fischern zusätzliche Einnahmen (keine Jagdbeschränkung, kein Jagdschein erforderlich). Doch auch Steuerschulden konnten mit den erlegten Tieren beglichen werden, beispielsweise auf der Insel Borkum.

nordseebad horumersiel auf der seehundjagd

Seehundjagd vor Horumersiel: Ob im Gebiet der heutigen Gemeinde Wangerland auch Steuern in Naturalien abgeliefert wurden, ist leider nicht bekannt. Im Hintergrund ist die Rettungsbake Oldeoog zu erkennen, der heutige Standort der Vogelschutzinsel Minsener Oog.

 

Kurtaxe auf Wangerooge

Seit 1897 stand Wangerooge erstmalig eine Landungsbrücke (Anleger) mit Eisenbahn zur Verfügung. Abweichend vom ursprünglichen Plan, der eine Pferdebahn vorsah, wurde nach wirtschaftlichen Überlegungen gleich eine Tenderlokomotive beschafft, die bei Höchstgeschwindigkeit 30 km/h schaffte.

Durch den Bau des Anlegers und der Bahn konnte die Reise ab Harle um etwa 45 Minuten verkürzt werden. Bald sprach sich herum, dass die Anreise schneller und angenehmer geworden war. Wenn die Zahl der Bade- und Tagesgäste im Jahre 1896 noch 1.676 betrug, so waren es im Jahr 1897 bereits 2.160 Gäste. Durch die nunmehr steigenden Gästezahlen wurde erstmalig Kurtaxe (heute Gästebeitrag) auf Wangerooge erhoben.

wangerooge hat eine bruecke

 

 

 

Durchdämmung von Minsener Oog und Wangerooge

Die Marine beabsichtigte, Minsener Oog und Wangerooge durch einen Damm zu verbinden und an der Ostseite von Minsener Oog einen tideunabhängigen Anleger mit Schiffsverbinndung von Wilhelmshaven zu bauen. Die bislang am Wangrooger Ostanleger endende Inselbahn wäre bis zum neuen Anleger nach Minsener Oog verlängert worden. Die Durchdämmungsarbeiten wurden noch bis 1943 weitergeführt, die Kriegsereignisse verhinderten dann aber weitere Arbeiten in diese Richtung. 

 IMG_6280.jpg